Inhaltsverzeichniss
„So kann man in der deutschen Geschichte der letzten hundert Jahre wohl kaum eine zweite Persönlichkeit finden, die den Gelehrten, den Erfinder und den Unternehmer derart in einem harmonischen Ganzen zusammenband. Und es ist ja das Wesen einer echten Ganzheit, dass sie stets größer, in diesem Fall sogar bedeutend größer ist als die Summe ihrer Teile. Hierin liegt die geschichtliche Größe von Werner Siemens.“
(Der Historiker Georg Siemens 1953 in einem Vortrag über
Werner von Siemens.)
Für freundliche Unterstützung danken wir dem Siemens-Archiv in München, bei dem auch die Urheberrechte für die verwendeten Bilder liegen.
WERNER-VON-SIEMENS-SCHULE BOCHUM
Lebensstationen I
Am 13. Dezember 1816 wird Werner von Siemens als viertes von 14 Kindern des Gutspächters Christian Ferdinand Siemens und dessen Ehefrau Eleonore, geb. Deichmann, in Lenthe bei Hannover geboren.
Nach dem Ende seiner Schulausbildung will Werner Ingenieur werden, aber seine Eltern können das Studium nicht bezahlen.
Deshalb meldet er sich als Achtzehnjähriger freiwillig zur preußischen Armee und kann ohne Kosten in der Artillerie- und Ingenieurschule in Berlin Mathematik, Physik und Chemie studieren.
Als in den Jahren 1839 und 1840 die Eltern früh sterben, übernimmt Werner die Verantwortung für seine jüngeren Geschwister. In dieser Zeit entwickelt er eine galvanische Versilberungs- und Vergoldungs- technik, die ihm das erste Patent und dringend benötigtes Geld einbringt.
Als nächstes wendet sich Werner von Siemens der in der Entwicklung befindlichen Telegrafie zu. Zwei wichtige Erfindungen, die eines Zeigertelegrafen und eines Verfahrens zur nahtlosen Isolierung von Telegrafenleitungen mit Guttapercha, führen schließlich zur Gründung seines ersten Unternehmens.
Das Bild zeigt Werner von Siemens im Jahre 1842 als Seconde- Lieutenant der Preu- ßischen Artillerie.
Gemeinsam mit dem Mechanikermeister Johann Georg Halske eröffnet Werner von Siemens im Oktober 1847 die „Telegraphenbauanstalt von Siemens & Halske“ in einem Berliner Hinterhaus, wo anfangs zehn Arbeiter mit der Fertigung von Telegrafen beginnen.
Für freundliche Unterstützung danken wir dem Siemens-Archiv in München, bei dem auch die Urheberrechte für die verwendeten Bilder liegen.
WERNER-VON-SIEMENS-SCHULE BOCHUM
Lebensstationen II
Aufträge zum Bau und zur Ausstattung von Telegrafenlinien zunächst in Deutschland, wenig später auch in Russland, lassen das junge Unternehmen trotz gelegentlicher Rückschläge florieren.
Bereits fünf Jahre nach der Firmengründung reicht der Platz in der Werkstatt nicht mehr aus, um die wachsenden Aufträge zu bewältigen. Siemens & Halske erwirbt ein größeres Gebäude, in dem bald über hundert Beschäftigte arbeiten. Der Bau von Telegrafenlinien bleibt eines der Hauptbetätigungsfelder. Besonders herausragende Leistungen sind die Indo-Europäische Telegrafenlinie und die erfolgreiche Verlegung von Transatlantikkabeln zwischen Europa und Nordamerika, mit der 1874 begonnen wird.
Diese Karte zeigt den Verlauf der 11000 km langen Indo-Europäischen Telegrafenlinie, die London mit Kalkutta (Indien) verbindet und 1870 fertiggestellt wird.
Ausflug in die Politik: Von 1862 bis 1866 ist Werner von Siemens Abgeordneter der Deutschen Fortschrittspartei im Preußischen Landtag.
1866 schafft Werner von Siemens durch seine wohl bedeutendste Erfindung selber die Voraussetzung für einen weiteren wesentlichen Zweig seiner zukünftigen unternehmerischen Tätigkeit:
Mit der Entdeckung des dynamoelektrischen Prinzips und dem Bau der ersten Dynamomaschine ist die Grundlage für die Entwicklung der Elektrotechnik gelegt.
Auf der Berliner Gewerbeausstellung von 1879 stellt Siemens die erste elektrische Lokomotive mit Stromzuführung über die Schienen vor, ein Jahr später installiert er in Mannheim den ersten Aufzug, und 1881 wird in Berlin die erste elektrische Straßenbahnlinie der Welt eröffnet – gebaut von Siemens und Halske.
Die erste elektrische Eisenbahn bildet 1879 eine Attraktion auf der Gewerbeausstellung in Berlin. Der von einer 3 PS starken Miniaturlokomotive gezogene Zug befördert während der Ausstellung 90.000 Personen über eine 300 m lange Schienenstrecke.
Durch weitere Arbeiten und Erfindungen auf dem Gebiet der Elektrotechnik (z.B. elektrische Beleuchtung, Telefon, Meßgeräte, medizinische Geräte u.v.m.) gibt Siemens der technischen Entwicklung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wesentliche Impulse.
Großen Anteil hat er auch an der Erlassung des Reichspatentgesetzes im Jahre 1877 und an der Gründung der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt im Jahre 1887.
Zu Lebzeiten werden Werner von Siemens viele Ehrungen zuteil.
Bereits 1860 wird ihm von der Berliner Universität, 1886 auch von der Universität in Heidelberg die Ehrendoktor- würde verliehen.
1873 wird er zum Mitglied der preußischen Akademie der Wissenschaften berufen.
1888 schließlich erhält er für seine Verdienste vom deutschen Kaiser den Adelstitel.
Mit Hilfe seiner Brüder Wilhelm (1823-1883) und Carl (1829-1906) hat Werner von Siemens ein Firmenimperium errichtet, das zum Zeitpunkt seines Ausscheidens aus der Firmenleitung im Jahre1890 über Niederlassungen in London, St. Petersburg und Wien verfügt. Zu diesem Zeitpunkt sind über 5000 Mitarbeiter beschäftigt, die lange bevor es entsprechende gesetzliche Regelungen gibt, von Sozialleistungen wie z.B. der 1872 gegründeten Pensionskasse profitieren.
Kurz nach Vollendung seiner Autobiografie mit dem Titel „Lebenserinnerungen“ stirbt Werner von Siemens
am 6. Dezember 1892 in Berlin-Charlottenburg.
Für freundliche Unterstützung danken wir dem Siemens-Archiv in München, bei dem auch die Urheberrechte für die verwendeten Bilder liegen.
WERNER-VON-SIEMENS-SCHULE BOCHUM
Erfindungen und technische Pionierleistungen
1842
Werner von Siemens erhält sein erstes preußisches Patent für ein galvanisches Verfahren zur Vergoldung und Versilberung.
1847
Der Zeigertelegraf dient zur Übermittlung von Nachrichten, „Buchstabe für Buchstabe“. Er besitzt eine hohe Funktionssicherheit und ist einfach zu bedienen. Der im Geber wie im Empfänger gleichlaufend kreisende Zeiger wird durch Fingerdruck auf die Tasten an den ihnen zugeordneten Buchstaben angehalten und übermittelt so die gewünschte Nachricht.
1847
Mit Hilfe der Guttaperchapresse kann man erstmalig Telegrafenkabel, die für unterirdische Verlegung bestimmt sind, mit dem eingedickten Saft des Guttaperchabaumes nahtlos isolieren.
1849
Die erste elektrische Ferntelegrafenlinie Europas zwischen Berlin und Frankfurt, gebaut von Siemens & Halske, wird fertiggestellt und übermittelt am 28. März 1849 als erste wichtige Nachricht die Wahl des preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV. zum Kaiser.
1855
Der Bau des russischen Ferntelegrafennetzes wird vollendet.
Das Netz hat eine Länge von ca. 10.000 Kilometern und erstreckt sich von Finnland über St. Petersburg, Moskau, Kiew, Odessa bis zur Krim. Weitere Linien führen zum Baltikum, nach Warschau und Myslowitz.
1866
Mit der Entdeckung des dynamoelektrischen Prinzips und dem Bau der ersten Dynamomaschine schafft Werner von Siemens die Voraussetzung zum wirtschaftlichen Einsatz des elektrischen Stromes. Die Umwandlung mechanischer Energie in Elektrizität wird wesentlich effektiver; das Zeitalter der Starkstromtechnik ist eingeleitet.
1870
Die Indo-Europäische Telegrafenlinie zwischen London und Kalkutta wird eröffnet. Am 12. April tauscht Wilhelm Siemens in London vor geladenen Gästen von London nach Kalkutta binnen einer Stunde Telegramme aus. Die Strecke bleibt bis 1931 in Betrieb.
1874/75
Unter abenteuerlichen Umständen gelingt den Siemens Brüdern die Verlegung des ersten direkten Transatlantikkabels. Für diesen Zweck wird eigens ein Schiff gebaut, der Kabeldampfer „Faraday“, in dessen Rumpf insgeamt 1700 englische Meilen Kabel untergebracht werden können. Als während der Verlegung auf hoher See das Kabel reißt, gelingt es, das verlorene Ende aus über 5000 m Tiefe wieder heraufzuholen.
1879
Die erste elektrische Lokomotive der Welt, von Siemens & Halske auf der Berliner Gewerbeausstellung präsentiert, erfreut sich großen Publikumsinteresses.
1880
Der erste elektrische Aufzug der Welt wird von Siemens & Halske auf der Pfalzgau-Ausstellung in Mannheim installiert.
1881
Die erste Straßenbahn der Welt nimmt in Lichterfelde bei Berlin den Linienverkehr auf. Über eine 2,5 km lange Strecke soll sie die Betriebstauglichkeit elektrischer Bahnen beweisen.
1882
Auf dem Kurfürstendamm in Berlin fährt der erste Oberleitungsomnibus, konstruiert von Werner von Siemens, der ihn ‚Elektromote‘ nannte.
Ebenfalls 1882 erhält Siemens & Halske den Auftrag, am Potsdamer Platz die erste ständige elektrische Straßenbeleuchtung zu installieren.
1885
Siemens liefert 1885 die Dynamomaschinen für die erste deutsche Gleichstromdampfzentrale in der Markgrafenstraße, Berlin.
Der Antrieb der Generatoren erfolgt über Riemen.
Für freundliche Unterstützung danken wir dem Siemens-Archiv in München, bei dem auch die Urheberrechte für die verwendeten Bilder liegen.
WERNER-VON-SIEMENS-SCHULE BOCHUM
Museum
Exponate
Auf dieses Stück in unserer Sammlung sind wir besonders stolz:
„Lebenserinnerungen“ von Werner von Siemens in einer Erstausgabe von 1892
„Werner von Siemens“
Bronze (Höhe: 15 cm)
Leider sind uns Herkunft und Enstehungsjahr unbekannt.
Diese Gedenkmedaille mit dem Porträt Werner von Siemens wurde 1897 zum 50-jährigen Bestehen von Siemens & Halske herausgegeben.
1929 erschien diese Reichsbanknote mit dem Porträt Werner von Siemens.
Briefmarken
Die Werner-von-Siemens-Schule Bochum besitzt Ersttagsbriefe der hier gezeigten Marken.
Bibliothek
Die Lebenserinnerungen von Werner von Siemens liegen hier in einer reich bebilderten Ausgabe des Prestel-Verlages aus dem Jahre 1966 vor.
Wilfried Feldenkirchen
Werner von Siemens – Erfinder und internationaler Unternehmer –
München 1996.
Aus einem reichen Leben
Werner von Siemens in Briefen an seine Familie und an Freunde
Ausgewählt und herausgegeben von Friedrich Heintzenberg
Stuttgart 1953
Vitalis Pantenburg
Werner von Siemens – Abenteuer Elektrizität
Reutlingen 1966
Wilfried Feldenkirchen / Almuth Bartels
Werner von Siemens
München 2000
Sigfried von Weiher
Werner von Siemens
– Ein Leben für Wissenschaft, Technik und Wirtschaft
Göttingen 1979
Bd. 56 aus der biographischen Reihe ‚Persönlichkeit und Geschichte‘ im Musterschmidt-Verlag
Illustrierte Erinnerungsdaten
– Aus der technischen und wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens Siemens im Jahre 1892
Kurt Busse
Werner von Siemens
Bad Godesberg 1966
Bebilderte Biographie
40 S.